Konzertkritik: Maria Radutu begeisterte mit ihrem Programm PianoBox bei Macia Batle
Some Americans in Paris – dieses Motto, das die rumänische Pianistin Maria Radutu über ihr Programm „Piano Box« gestellt hatte, zog sich wie ein roter Faden durch das Matinee-Konzert am gestrigen Sonntag in der Bodega Macia Batle. Und es war mehr als ein Konzert, es war eine Reise durch Epochen, zwischen Geschlechtern und Stilen, zwischen Alter und Neuer Welt. Zugleich war es eine Absage an die oft mit großer Beliebigkeit zusammengestellten Potpourri-Programmen aus den immer gleichen Wunschkonzert-Highlights. So wie ihre CDs hatte die Pianistin auch ihre Piano Box sorgfältig und durchdacht kuratiert. Dass sie ihr Programm charmant und informativ moderierte, intensivierte das Erleben dieser Reise und sorgte für eine reflektierte Wahrnehmung.
Zum Herkunftsland der Pianistin, Rumänien, fallen einem zunächst andere große Pianistinnen und Pianisten wie Clara Haskil, Dinu Lipatti und Radu Lupu ein. Ich habe sie nach dem Konzert in einem kleinen Interview gefragt, ob es so etwas wie eine rumänische Schule, analog zur sehr erfolgreichen russischen Schule (Richter, Gilels) oder zum chinesischen Heranführen an die Musik (Lang Lang!) gäbe. O-Ton Maria Radutu: „Vom pädagogischen her, zumindest damals – ich bin ja noch im Kommunismus aufgewachsen – war es vor allem die russische Disziplin, die mit hohen Anforderungen ganze Generationen von Pianisten prägte. Als Künstler sehe ich das als eine spannende Mischung aus Russland und Frankreich. Und das alles gemischt mit der Balkan-Seele ergibt ein spannendes Gemisch.« (Diesen Ausschnitt aus dem Interview können Sie hier hören.)
Gleich die ersten beiden Stücke konfrontierten die Kontinente miteinander: die Pavane von Gabriel Fauré spiegelt die Atmosphäre der Pariser Salons am Anfang des 20.Jahrhunderts wieder, Gershwin verkörpert das Urbane, das Grenzenlose der amerikanischen Musik. Mit Ravels Sonatine, ein Spiel mit der Form und der Struktur, kehrte das Programm wieder nach Europa zurück. Die Beziehung zwischen Ravel und Gershwin verdeutlichte die Pianistin mit der Geschichte von der Begegnung der Beiden und der vielzitierten Antwort Ravels auf Gershwins Bitte um Unterrichtsstunden: „Warum wollen Sie ein zweitklassiger Ravel werden anstatt ein erstklassiger Gershwin zu bleiben?« – Die Fauré-Pavane ist übrigens auch auf Radutus CD INSOMNIA« enthalten, da allerdings auf einem jaulenden schlecht restaurierten Tafelklavier gespielt. (Hier bei Spotify zu hören).
Radutu über Gershwin und Fauré sowie ihre Erklärung zur Aufnahme gibt’s im O-Ton hier).
Als nächstes spielte die Pianistin Francis Poulencs Improvisation FP 176 – Hommage à Édith Piaf (1959), ein musikalisches Porträt, das weniger Piafs Stimme imitiert als ihre emotionale Direktheit kanalisiert. Poulencs Stil bleibt eklektisch, doch in dieser Miniatur gelingt ihm eine intime, fast fragile Geste – ein Chanson ohne Worte, ein Blick in die Seele der Nachkriegszeit. – Florence Price’ Fantaisie Nègre No. 4 in B minor (1936), David Chalmins Les mains nues (2014), Missy Mazzolis Forgiveness Machine (2024) und Nkeiru Okoyes African Sketches: Drums Calling (2004) setzten das Programm fort und schlugen damit die Brücke zur Gegenwart. Getreu dem Konzept der Pianobox (hier im O-Ton zu hören) gab’s zu allen Stücken kleine Geschichten, die dafür sorgten, dass man sie mit völlig neuen Ohren hören konnte.
„Es ist schon spät. Wollen Sie die Rhapsody von Gershwin überhaupt noch hören?« Mit dieser neckischen rhetorischen Frage leitete die Pianistin zum finalen Höhepunkt über. Klar wollte das Publikum! Und so spielte Radutu noch einmal Gershwin, die berühmte Rhapsody in Blue, in der Fassung für Soloklavier. In der Orchesterfassung können Sie sie bei Spotify hören.) – Nicht enden wollende standing ovations, die mit einer Zugabe von Nikolai Kapuskin belohnt wurden. Vielleicht findet diese wunderbare Pianistin ja bei all den Projekten, die sie in nächster Zeit realisieren wird, bald einmal wieder den Weg auf unsere schöne Insel. Es wäre zu wünschen.
Some Americans in Paris – dieses Motto, das die rumänische Pianistin Maria Radutu über ihr Programm „Piano Box« gestellt hatte, zog sich wie ein roter Faden durch das Matinee-Konzert am gestrigen Sonntag in der Bodega Macia Batle. Und es war mehr als ein Konzert, es war eine Reise durch Epochen, zwischen Geschlechtern und Stilen, zwischen Alter und Neuer Welt. Zugleich war es eine Absage an die oft mit großer Beliebigkeit zusammengestellten Potpourri-Programmen aus den immer gleichen Wunschkonzert-Highlights. So wie ihre CDs hatte die Pianistin auch ihre Piano Box sorgfältig und durchdacht kuratiert. Dass sie ihr Programm charmant und informativ moderierte, intensivierte das Erleben dieser Reise und sorgte für eine reflektierte Wahrnehmung. Weiterlesen

