Thomas Gebhart im Interview: Von Wahlversprechen bis Weinbau


Thomas Gebhart in Jockgrim beim Interview mit dem Pfalz-Express.
Foto: Pfalz-Express / Rolf H. Epple
Südpfalz – Im Gespräch mit dem Pfalz-Express hat der südpfälzische CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Thomas Gebhart sowohl zu bundespolitischen als auch zu regionalpolitischen Themen Stellung genommen.
Dabei ging es unter anderem gebrochene Wahlversprechen, Umgang mit der AfD, die Wirtschaftslage, um regionale Themen und auch um die Auswirkungen politischer Entscheidungen auf die Bürger in der Südpfalz.
PEX: Herr Dr. Gebhart, kaum im Amt, hat die Bundesregierung zwei zentrale Wahlversprechen gebrochen. Die Koalition hatte vor der Wahl eine Senkung der Stromsteuer um fünf Cent pro Kilowattstunde für alle Bürger versprochen. Außerdem galt die Einhaltung der Schuldenbremse als verbindliches Wahlversprechen. Verstehen Sie, dass die Bürger wütend und enttäuscht sind?
Gebhart: Das sind zwei Beispiele, wie sie nicht oft passieren dürfen, sonst gibt ein ernsthaftes Problem. Wenn man vor der Wahl Zusagen macht und diese dann nicht einhält, untergräbt das das Vertrauen der Menschen. Genau deshalb mache ich weiter: Wir müssen darauf achten, dass Wahlversprechen genau so umgesetzt werden wie angekündigt.
Bei der Schuldenbremse gibt es natürlich immer Argumente dafür und dagegen. Die Entscheidung war durchaus eine Zumutung für die Bürger, das ist klar. Bei der Stromsteuer hat ein Stück weit das Gefühl für die Bürger gefehlt. Das hat die Regierung tatsächlich ein wenig unterschätzt.
Aber: Die Übertragungsnetzentgelte werden bezuschusst. Davon profitieren alle, Bürger und Unternehmen. Das ergibt eine Entlastung in der Größenordnung von bis zu 3 Cent pro Kilowattstunde – das ist ein großer Brocken. Darüber hinaus bleibt es selbstverständlich unser Ziel, die Stromsteuer für alle zu senken.

Foto: Pfalz-Express / Rolf H. Epple
PEX: Thema AfD-Verbot: Ist es klug, eine von Millionen Menschen gewählte Partei verbieten zu wollen, eine Partei, deren Wähler – momentan rund 26 Prozent der Wahlberechtigten – man ja nicht pauschal als Extremisten bezeichnen kann?
Gebhart: Die AfD macht Woche für Woche unsere Demokratie verächtlich, sie schürt Stimmung dagegen, das erlebe ich ständig in Berlin. Ich sehe nicht, wie man mit einer solchen Partei zusammenarbeiten könnte, schon allein wegen der Art und Weise, wie sie auch mit den anderen Fraktionen im Bundestag umgeht.
Natürlich muss man sich mit Argumenten auseinandersetzen. Aber inhaltlich sind da Positionen, die meilenweit von dem entfernt sind, was für uns in der CDU unverhandelbar ist. Die AfD stellt die Europäische Union in Frage und will aus der NATO austreten. Das wäre Irrsinn.
Am Ende funktioniert Demokratie nur, wenn die Menschen mit den Ergebnissen zufrieden sind. Daran müssen wir arbeiten.
PEX: Sie sagen, Demokratie funktioniert nur, wenn die Menschen mit den Ergebnissen zufrieden sind. In den letzten Jahren hört man ständig: „Wir müssen“ oder „Wir brauchen“. Wann passiert denn endlich mal etwas, besonders im Sinne der Bürger dieses Landes?
Gebhart: Nach der Sommerpause werden viele Maßnahmen umgesetzt, da kommt einiges in Fahrt.
Es gibt auch einiges, das schon ganz gut läuft: Die Kommunen wurden durch die Grenzkontrollen bei der illegalen Migration deutlich entlastet. Die Grenzkontrollen sind richtig, ich stelle sie nicht infrage. Gleichzeitig braucht es aber einen differenzierten Blick gerade in den Grenzregionen, wie man das praktikabler handhaben kann. Das eigentliche Ziel aber bleibt, so schnell wie möglich eine gemeinsame Kontrolle der EU-Außengrenzen hinzubekommen. Dann können die Binnengrenzkontrollen wieder entfallen.
Auch außenpolitisch konnten wir punkten. Kanzler Merz hat sich gekümmert, um mit unseren Nachbarn und den USA Absprachen zu treffen. Außenpolitik war erst einmal die Priorität, das war auch wichtig, denn die Weltlage war eben, wie sie war.
PEX: Bürokratieabbau ist so ein Beispiel für „Wir müssen“ (Bürokratie abbauen) und DAS Dauerthema seit einigen Jahren. Wirtschaft und Bürger warten auf spürbare Entlastungen. Wie kann man die seit Jahrzehnten gewachsenen Vorschriften-Bürokratie-Berge durchdringen? Was kommt jetzt konkret?

Foto: Pfalz-Express / Rolf H. Epple
Gebhart: Mit Dr. Karsten Wildberger haben wir erstmals einen Digital- und Staatsmodernisierungsminister, der direkt aus der Wirtschaft kommt und diese Erfahrung jetzt in die Politik einbringt. Er geht das sehr systematisch an und ich habe die echte Hoffnung, dass er das mit seinem Team auch wirklich hinbekommt.
Wichtig ist mir: Jedes Ressort muss darauf achten, dass nichts zusätzlich obendrauf gepackt wird. Stattdessen müssen wir uns konsequent fragen: Wie können wir Verfahren vereinfachen?
Ein Beispiel aus der Praxis: Bei den sogenannten „Schnakentabletten“ gab es zuletzt eine neue Vorschrift, wonach geschultes Personal die Abgabe übernehmen muss. Früher konnten Bürger die Tabletten einfach in ihrer Kommune abholen. Wenn heute so etwas anstünde, kann ich versichern: Das ginge heute so nicht mehr durch. Wir müssen anfangen, Bürgerinnen, Bürgern und Unternehmen mehr zuzutrauen, weg vom Misstrauen, hin zu einer Ermöglichungskultur.
PEX: In der Südpfalz melden immer mehr Betriebe Insolvenz an. Wie kann die Wirtschaft wieder in Gang kommen, und was tut die Politik konkret für die Region?
Gebhart: Das ist ein gutes Beispiel, wie eng Regionales und Bundespolitik zusammenhängen. Viele Probleme in der Südpfalz hängen direkt mit der Automobilindustrie und ihren Zulieferbetrieben zusammen. Ich selbst werde demnächst wieder bei Daimler in Wörth sein, um über E-Lkw und die fehlende Ladeinfrastruktur zu sprechen. Das war auch ein Punkt im Koalitionsvertrag: Wir wollen Tempo beim Ausbau der Ladeinfrastruktur, außerdem profitieren Speditionen von der Mautbefreiung für E-Lkw. Das sind ganz konkrete Signale für unsere Region.
Darüber hinaus braucht das produzierende Gewerbe die Entlastungen bei Stromnetzentgelten und viele strukturelle Veränderungen in der Energiepolitik, zum Beispiel beim CO₂-Ausgleich. Letzteres ist eine komplizierte Sache, aber wir müssen den Betrieben Chancen geben, wettbewerbsfähig zu bleiben.
Ein positiver Schritt ist die Abschaffung der Gaspeicherumlage zum 1. Januar 2026. Alle Gasverbraucher profitieren davon.
Zudem greifen steuerliche Anreize wie erhöhte Abschreibungen: Wer investiert, wird steuerlich entlastet.

Foto: Pfalz-Express / Rolf H. Epple
PEX: Gibt es weitere Branchen, die Sie aktuell besonders im Blick haben?
Gebhart: Ja, der Weinbau ist ein Sonderfall in der Südpfalz. Viele Winzer berichten, dass sich die Lage deutlich verschlechtert hat: Absatzrückgänge, niedrige Marktpreise, steigende Betriebskosten. Ich habe den Landwirtschaftsminister Alois Rainer angeschrieben und auf die prekäre Situation der Winzer hingewiesen. Das geplante Gespräch in Berlin mit dem Weinbauverband, mehreren Bundestagsabgeordneten und dem Ministerium steht noch aus – ein wichtiges Signal, dass das Thema dort auf der Agenda ist.
Das betrifft übrigens nicht nur die Winzer, sondern auch den Tourismus und die Gastronomie. Die Südpfalz braucht ihre Winzer.
PEX: Ein weiteres Thema, das häufig angesprochen wird, ist die Rheinbrücke. Wie ist da der Stand?
Gebhart: Es liegt an den Ländern, das Baurecht für die Rheinbrücke zu schaffen. Es ist eine verrückte Situation: Das Geld ist bereit, aber das Baurecht muss noch von den Ländern hergestellt werden. Das zeigt, wie dringend wir das Baugenehmigungsrecht reformieren müssen. Die Verfahren sollen erheblich beschleunigt werden, damit solche Projekte schneller umgesetzt werden können.
Die Sanierung der Südpfalz-Kaserne in Germersheim ist ein weiteres Beispiel für die Notwendigkeit, Hürden abzubauen. Ein neues Gesetz soll Baumaßnahmen erheblich beschleunigen. Es kann nicht sein, dass fertiggestellte Einrichtungen wie das Sanitätszentrum aufgrund kleiner Mängel nicht in Betrieb genommen werden können, während das bestehende Gebäude mit deutlich größeren Mängeln weiterhin genutzt wird.
Ich habe dieses Thema persönlich mit Minister Pistorius besprochen. Er hat zugesichert, dass das Gesetz zur Beschleunigung von Baumaßnahmen im Herbst verabschiedet wird.
PEX: Nochmal zurück zu großen Politik: Deutschland unterstützt die Ukraine mit bislang etwa 50 Milliarden Euro. Viele Menschen fragen sich, wie das zu rechtfertigen ist, gerade während die eigenen Bürger an allen Ecken und Enden sparen müssen.
Gebhart: Ich halte es für richtig, dass wir die Ukraine unterstützen. Das Land hat das Recht, sich gegen die russische Invasion zu verteidigen. Ohne diese Hilfe wäre die Lage deutlich gefährlicher. Ein wichtiger Schritt war, dass Bundeskanzler Merz von Beginn an die europäischen Partner eingebunden hat, um Europa als ernstzunehmenden Akteur zu stärken.
Ein Gedankenspiel: Wenn die Ukraine von Anfang an nicht von außen unterstützt worden wäre, würde Russland möglicherweise größere Teile des Landes kontrollieren. Und dann würden wir heute über ganz andere Dinge reden, beispielsweise über neue Bedrohungslagen und große Flüchtlingsströme. Ich hoffe sehr, dass es bald Frieden gibt.
PEX: Das Rentensystem steht unter Druck. Wie kann die Bundesregierung dafür sorgen, dass es wieder stabil und gerecht wird?
Gebhart: Das Thema Rente muss dringend angegangen werden. Es wird eine Rentenkommission geben, die das Rentensystem prüft und Vorschläge erarbeitet, wie es stabil gestaltet werden kann.
Außerdem halte ich es für sinnvoll, zusätzlich Erfahrungen aus anderen Ländern zu betrachten und voneinander zu lernen. Auch da muss gelten, dass der, der lange eingezahlt hat, das auch spürt. Es geht viel um Gerechtigkeit beim Thema Rente, und darauf müssen wir unser Augenmerk legen.
PEX: Wie stehen Sie zu den Klimazielen, gerade auch im Zusammenhang mit der Wirtschaft?
Gebhart: Ich schaue mir die Themen im Umwelt-Ausschuss immer systematisch an. Klimaschutz ist komplex und wir müssen das eine oder andere neu justieren. Die Regeln sind sehr unterschiedlich, die Gesetze nicht immer konsistent.
Wir haben viele energieintensive Betriebe und wir müssen Klimaziele und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in Einklang bringen. Niemandem hilft es, wenn die Industrie ins Ausland abwandert. Ich bin dafür, dass wir an den Klimazielen festhalten, aber der Weg, wie wir sie erreichen, muss gekennzeichnet sein durch mehr marktwirtschaftliche Instrumente und mehr technologische Innovationen und weniger überbürokratische, kleinteilige Vorgaben, was alles zu tun und was zu lassen ist.
PEX: Wie würden Sie das gesellschaftliche und politische Klima in Deutschland aktuell beschreiben? Heutzutage kann es ja schon diskreditierend sein, wenn man mit den „falschen“ Personen auf einer Veranstaltung gesehen wird.
Gebhart: Die Bürger haben es satt, dass Parteien nur übereinander herfallen – das will man ja im privaten Umfeld auch nicht. Gleichzeitig muss man sich gedanklich auch in die Position der anderen versetzen und überlegen, dass der andere vielleicht auch ein Stück weit Recht hat.
Ich hoffe, dass wir endlich wieder gescheite Diskussionen führen. Vieles wird momentan sehr oberflächlich behandelt. Wir haben große Probleme in unserem Land, und wir müssen viel Hirnschmalz investieren, um es wieder flott zu bekommen, statt uns über Oberflächlichkeiten zu streiten. Man kann gerne hart über Themen diskutieren, aber bitte über den Inhalt und nicht über Personen, indem man andere schlechtmacht.
PEX: Und spiegelt die Politik die Sorgen der Bürger angemessen wider?
Gebhart: Mein Eindruck ist: Die meisten Abgeordneten bewegen sich vor Ort, reden mit Bürgern und Unternehmen, also ja.
Was mich betrifft: Ich selbst bin das ganze Jahr über mit dem „Ohr vor Ort“-Infostand in der Südpfalz unterwegs, höre mir die Sorgen und Nöte der Menschen an und versuche zu helfen, wo ich kann. Bei Besuchen von Firmen und Einrichtungen lege ich immer Wert darauf, nicht nur mit der Leitung zu sprechen, sondern auch mit den Beschäftigten. (cli)
Das Interview führte Claudia Licht.
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