Trotz radikaler Thesen: Freispruch für mutmaßliche Dschihadisten-Zelle auf Mallorca
Ein spanisches Gericht hat sechs Angeklagte freigesprochen, denen die Bildung einer dschihadistischen Terrorzelle in Inca auf Mallorca vorgeworfen wurde. Das Gericht räumte zwar ein, dass die Männer „Anhänger der radikalsten Linie des Islam sind und mit dem Islamischen Staat (IS) sympathisieren“. Dennoch fehlten Beweise dafür, dass sich die Gruppe aktiv auf terroristische Aktionen vorbereitet habe. „Die bloße Neigung zur Straftat reicht nicht aus“, heißt es in der Urteilsbegründung.
Die Staatsanwaltschaft hatte acht Jahre Haft für einen Geistlichen gefordert, der 2017 in Birmingham festgenommen worden war und Mallorca zweimal besucht hatte. Die gleiche Strafe wurde für einen auf der Insel wohnhaften Mann beantragt, der später nach Deutschland gezogen war und dort verhaftet wurde. Für vier weitere Angeklagte, die im Juli 2017 in Inca festgenommen worden waren, forderte die Anklage fünf Jahre Gefängnis. Die Festnahmen erfolgten damals aus Sorge, die Zelle könnte unmittelbar vor einem Anschlag stehen.
Ermittler hatten während des Prozesses ausgesagt, die Beschuldigten hätten sich „im Stadium unmittelbar vor der Durchführung von Aktionen und Anschlägen“ befunden. Die fünf in Inca lebenden Männer hätten sich schrittweise radikalisiert und stünden kurz davor gewesen, dem Kalifen des Islamischen Staates die Treue zu schwören.
„Der nächste Schritt wäre gewesen, eine Aktion durchzuführen“, erklärte einer der Polizisten vor Gericht. In abgehörten Gesprächen sei „sehr gewalttätig, sehr militant“ geredet worden. In einer Unterhaltung sei davon die Rede gewesen, Menschen zu überfahren – angeregt durch einen Traum. In einem anderen Gespräch seien Gedankenspiele erwähnt worden, Passanten auf offener Straße niederzustechen.
Den entscheidenden Hinweis auf die Gruppe lieferte eine vierteilige YouTube-Serie mit dem Titel „Tufiq ging nach Syrien“, die auf Mallorca gedreht und vom angeklagten Geistlichen beworben worden war. Darin wird die Radikalisierung eines jungen Muslims geschildert, der sich dem Islamischen Staat anschließt und seine Familie verlässt.
Das Gericht bewertete dieses zentrale Beweisstück jedoch als „zweideutig“. Ein Großteil der Handlung drehe sich um das Zurücklassen der Familie, besonders der Eltern. Im vierten Teil bereue der Protagonist, seine Angehörigen verlassen zu haben. „Das vierte Video entmutigt jeden dazu“, stellte das Gericht fest.
Auch die umfangreichen Propagandamaterialien, die auf den Computern der Angeklagten gefunden wurden – darunter laut Urteil „besonders drastische“ Videos –, reichten nicht für eine Verurteilung. Der bloße Besitz solchen Materials erfülle zwar die erste Bedingung für Anwerbung und terroristische Indoktrination. Es fehle jedoch der Nachweis, dass die Männer es tatsächlich für diese Zwecke einsetzen wollten.
Der angeklagte Geistliche, der in der islamischen Community Europas durch seine Videos bekannt ist, „verbreite die radikalste Version des Islam“, so das Gericht. Die Botschaften seiner Predigten seien jedoch „nicht eindeutig“. Nach monatelanger Überwachung mit Telefonabhörungen hatten die Ermittler festgestellt, dass die Angeklagten die Geistlichen der Moschee in Inca regelmäßig als zu moderat kritisierten, weil diese sich nicht offen für den Heiligen Krieg aussprachen.
Ein spanisches Gericht sah zwar als erwiesen an, dass die sechs angeklagten Männer der "radikalsten Linie des Islam" angehören. Für einen terroristischen Hintergrund fehlten jedoch die Beweise. Weiterlesen

