Kampfhandlungen auf Mallorca: So wurde in Lateinamerika über den Spanischen Bürgerkrieg berichtet
Wer glaubt, dass man am anderen Ende der spanischsprachigen Welt nicht informiert über den blutigen Bürgerkrieg jenseits des Atlantiks war, liegt falsch: Im Sommer 1936 berichtete die noch heute existierende, in Lima erscheinende peruanische Tageszeitung El Comercio – eines der konservativen Leitorgane in Lateinamerika – jeden Tag ausführlich und fast immer auf der Titelseite über die Kampfhandlungen. Veröffentlicht wurden Agentur- und Korrespondentenberichte direkt aus dem Kriegsgebiet oder aus Lissabon beziehungsweise Frankreich, wie der MM -Reporter in der Nationalbibliothek des Andenstaates in der Hauptstadt Lima in Erfahrung bringen konnte.
Wobei die Insel Mallorca, die im August jenes Jahres von Republik-Milizionären unter dem Befehl von Alberto Bayo den Aufständischen mit Waffengewalt abgenommen werden sollte, eher am Rande erwähnt wird. Was nicht verwundert, denn das Eiland war angesichts der Kämpfe völlig isoliert, Informationen drangen nur selten heraus zu den Kriegsberichterstattern auf dem Festland.
Und so berichtete El Comercio am 2. September irrtümlich, als sich die Niederlage der Invasoren in Wirklichkeit schon abzeichnete, unter Berufung auf das Republik-Radio von Madrid, eher beiläufig innerhalb eines Haupttextes, dass die Übernahme des faschistisch kontrollierten Mallorcas durch linke Eindringlinge kurz bevorstehe. Das Hauptaugenmerk des Berichtes an jenem Tag richtete sich aber auf heftige Kampfhandlungen in Nordspanien, nämlich in Irún.
Kontinuierlich ist von „Kommunisten“ die Rede
Erst am 11. September – nach täglichem Nachrichten-Bombardement über den Krieg – kam Mallorca wieder in El Comercio vor – und dann erneut eher unter ferner liefen: Berichtet wurde erstmals über die starken Verluste der „Kommunisten”, wie es kontinuerlich heißt. Die Rede ist von 2000 umgekommenen Republik-Anhängern, die am 4. September fielen, und 4000, denen die Flucht über das Meer nach Valencia gelang.
Am 17. September kam Mallorca dann wieder zu Ehren: Ein Korrespondent der US-Nachrichtenagentu AP berichtete aus der südfranzösischen Stadt Perpignan erstmals ein bisschen ausführlicher über das Gemetzel im Osten der Insel. Zitiert wurde ein Angehöriger der Republik-Truppen – ein Anarchist – dem die Rückkehr nach Barcelona gelungen und der dann in Südfrankreich aufgetaucht war. Dieser sprach von 300 toten Linken bei einem Anlandungsversuch im Insel-Osten. Der Name des italienischen Faschisten Arconovaldo Bonaccorsi, genannt „Conde Rossi”, der diverse Tötungsaktionen mitorganisierte, fiel in keinem einzigen der dünnen Berichte von der Insel.
Am 18. September 1936 wurde in El Comercio dann erstmals über Zustände auf der Nachbarinsel Ibiza berichtet, und zwar von einem Korrespondenten aus Burgos: Das deutsche Flottenkommando im Mittelmeer habe gemeldet, dass an sämtlichen Häusern des Eilands weiße Fahnen gehisst worden seien, was bedeute, dass die Republik-Anhänger die Insel verlassen hätten. Danach war erst einmal Schluss mit der Erwähnung balearischer Inseln in der peruanischen Zeitung, die – was damals üblich war – täglich zweimal erschien, nämlich morgens und abends.
Dass Spanien ansonsten immer das wichtigste Thema war, ist nachvollziehbar, waren Peru und fast sämtliche anderen Staaten Lateinamerikas ja bekanntlich bis ins 19. Jahrhundert Kolonien. Und so wurde dem, was im ehemaligen Mutterland passierte, immer mehr Gewicht zugemessen als etwa britischer Innenpolitik. Und das bei der Erstellung von Zeitungen mit immer höherer Geschwindigkeit. Da es in den 1930er-Jahren bereits die Telegrafie gab, konnten Nachrichten binnen Minuten oder bei starker Auslastung Stunden von einem Kontinent zum anderen übermittelt werden. Die Telegrafie nutzte elektrische Impulse über Drahtleitungen, was die Übermittlung von Meldungen über weite Distanzen in sehr kurzer Zeit ermöglichte.
Man erfuhr also in Lateinamerika zwar relativ schnell von Kampfhandlungen in der „madre patria”, doch Information, die das gesamte Kriegsgeschehen kontinuierlich umfasste, gab es nicht. Und so blieben die Balearen während des bis zum Jahr 1939 andauernden Waffengangs am Rande der Nachrichten-Ströme, obwohl es hier im Spätsommer 1936 bekanntlich drunter und drüber ging.
Als ab Juli 1936 der Spanische Bürgerkrieg wütete, war dies in Zeitungen in Lateinamerika das Hauptthema. Und Mallorca? Wie darüber berichtet wurde, analysierte MM in Perus Nationalbibliothek. Weiterlesen

